Arabic keyboard |
#1
|
||||
|
||||
Der Engel
Der Engel Jedesmal, wenn ein gutes Kind stirbt, kommt ein
Engel Gottes zur Erde hernieder, nimmt das tote Kind auf seine Arme, breitet die grossen, weissen Fluegel aus und pflueckt eine ganze Handvoll Blumen, die er zu Gott hinaufbringt, damit sie dort noch schoener als auf der Erde bluehen. Gott drueckt sie dort an sein Herz, aber der Blume, die ihm die liebste ist, gibt er einen Kuss, und dann bekommt sie Stimme und kann in der grossen Glueckseligkeit mitsingen. Sieh, alles dieses erzaehlte ein Engel Gottes, waehrend er ein totes Kind zum Himmel forttrug, und das Kind hoerte wie im Traume; sie flogen ueber die Staetten in der Heimat, wo das Kleine gespielt hatte, und kamen durch Gaerten mit herrlichen Blumen. "Welche wollen wir nun mitnehmen und in den Himmel pflanzen?" fragte der Engel. Da stand ein schlanker, herrlicher Rosenstock, aber eine boese Hand hatte den Stamm abgebrochen, so dass alle Zweige, voll von grossen, halb aufgebrochenen Knospen, vertrocknet rundherum hingen. "Der arme Rosenstock!" sagte das Kind. "Nimm ihn, damit er oben bei Gott zum Bluehen kommen kann!" Und der Engel nahm ihn, kuesste das Kind dafuer, und das Kleine oeffnete seine Augen zur Haelfte. Sie pflueckten von den reichen Prachtblumen, nahmen aber auch die verachtete Butterblume und das wilde Stiefmuetterchen. "Nun haben wir Blumen!" sagte das Kind, und der Engel nickte, aber er flog noch nicht zu Gott empor. Es war Nacht und ganz still; sie blieben in der grossen Stadt und schwebten in einer der schmalen Gassen umher, wo Haufen Stroh und Asche lagen; es war Umzug gewesen. Da lagen Scherben von Tellern, Gipsstuecke, Lumpen und alte Hutkoepfe, was alles nicht gut aussah. Der Engel zeigte in allen diesen Wirrwarr hinunter auf einige Scherben eines Blumentopfes und auf einen Klumpen Erde, der da heraus gefallen war. Von den Wurzeln einer grossen vertrockneten Feldblume, die nichts taugte und die man deshalb auf die Gasse geworfen hatte, wurde er zusammengehalten. "Diese nehmen wir mit!" sagte der Engel. "Ich werde dir erzaehlen, waehrend wir fliegen!" Sie flogen, und der Engel erzaehlte: "Dort unten in der schmalen Gasse, in dem niedrigen Keller, wohnte ein armer, kranker Knabe. Von seiner Geburt an war er immer bettlaegerig gewesen; wenn es ihm am besten ging, konnte er auf Kruecken die kleine Stube ein paarmal auf und nieder gehen, das war alles. An einigen Tagen im Sommer fielen die Sonnenstrahlen waehrend einer halben Stunde bis in den Keller hinab, und wenn der Knabe dasass und sich von der warmen Sonne bescheinen liess und das rote Blut durch seine feinen Finger sah, die er vor das Gesicht hielt, dann hiess es: 'Heute ist er aus gewesen!' Er kannte den Wald in seinem herrlichen Fruehjahrsgruen nur dadurch, dass ihm des Nachbars Sohn den ersten Buchenzweig brachte, den hielt er ueber seinem Haupte und traeumte dann unter Buchen zu sein, wo die Sonne scheint und die Voegel singen. An einem Fruehlingstage brachte ihm des Nachbars Knabe auch Feldblumen, und unter diesen war zufaellig eine Wurzel, deshalb wurde sie in einen Blumentopf gepflanzt und am Bette neben das Fenster gestellt. Die Blume war mit einer gluecklichen Hand gepflanzt, sie wuchs, trieb neue Zweige und trug jedes Jahr ihre Blumen; sie wurde des kranken Knaben herrlichster Blumengarten, sein kleiner Schatz hier auf Erden; er begoss und pflegte sie und sorgte dafür, daß sie jeden Sonnenstrahl, bis zum letzten, der durch das niedrige Fenster hinunterglitt, erhielt; die Blume selbst verwuchs mit seinen Tränen, denn für ihn blühte sie, verbreitete sie ihren Duft und erfreute das Auge; gegen sie wendete er sich im Tode, da der Herr ihn rief. Ein Jahr ist er nun bei Gott gewesen, ein Jahr hat die Blume vergessen im Fenster gestanden und ist verdorrt und wurde deshalb beim Umziehen hinaus auf die Strasse geworfen. Und dies ist die Blume, die vertrocknete Blume, die wir mit in unsern Blumenstrauss genommen haben, denn diese Blume hat mehr erfreut als die reichste Blume im Garten einer Koenigin!" "Aber woher weisst du das alles?" fragte das Kind, das der Engel gen Himmel trug. "Ich weiss es", sagte der Engel, "denn ich war selbst der kleine, kranke Knabe, der auf Kruecken ging; meine Blume kenne ich wohl!" Das Kind oeffnete seine Augen ganz und sah in des Engels herrliches, frohes Antlitz hinein, und im selben Augenblick befanden sie sich in Gottes Himmel, wo Freude und Glueckseligkeit waren. Gott drueckte das tote Kind an sein Herz, und da bekam es Schwingen wie der andere Engel und flog Hand in Hand mit ihm. Gott drueckte alle Blumen an sein Herz, aber die arme verdorrte Feldblume kuesste er, und sie erhielt Stimme und sang mit allen Engeln, welche Gott umschwebten, einige ganz nahe, andere um diese herum in grossen Kreisen und immer weiter fort in das Unendliche, aber alle gleich gluecklich. Und alle sangen sie, klein und gross, samt dem guten, gesegneten Kinde und der armen Feldblume, die verdorrt dagelegen hatte, hingeworfen in den Kehricht des Umziehtages, in der schmalen, dunklen Gasse. Hans Christian Andersen
__________________
بشيم آبو و آبرو روحو حايو قاديشو حا دالوهو شاريرو آمين im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligengeistes amen بسم الآب والأبن والروح القدس إله واحد آمين
|
مواقع النشر (المفضلة) |
|
|